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Kriegs- und Propagandafälschungen

Im Ersten Weltkrieg und vermehrt im Zweiten Weltkrieg verwandten die Kriegsparteien Propagandamaterial verschiedener Art. Darunter befanden sich auch Briefmarken, die zum einen Stimmung, Motivation und Moral der gegnerischen Truppen sowie der Bevölkerung beeinflussen oder zum anderen auch dem Gegner wirtschaftlichen Schaden zufügen sollten. Derartiges philatelistisches Material ist aktuell ein interessantes Spezialgebiet.

Die Alliierten gingen dabei häufig so vor, dass sie Briefe mit Propagandamaterial an deutsche Empfänger mit gefälschten deutschen Freimarken frankierten, die Umschläge mit gefälschten Stempeln aus dem Reichsgebiet versahen und diese über deutschem Territorium abwarfen. In vielen Fällen wurde diese Post auch zugestellt, in Berlin sogar einmal ein ganzer Postsack.

Sammelgebiet Kriegs- und Propagandafälschungen

Für den Ersten Weltkrieg sind fünf Werte als britische Propagandafälschung für Deutschland in Generalkatalogen erfasst. Die ersten drei sind die 5, 10 und 15 – Pfennig-Wertstufen der bayerischen König-Ludwig III-Ausgabe von August 1916. Später kamen Fälschungen der Germania-Ausgabe des Deutsches Reiches hinzu, nämlich die 10 Pfennig-Wertstufe der Markenheft-Ausgabe von Ende Oktober 1905 sowie die 15 Pfennig-Wertstufe der Ausgabe von Mai 1917.

Zweck war in diesen Fällen das Bewirken wirtschaftlichen Schadens. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass dieser Zweck erreicht wurde, denn bei den König-Ludwig-Marken-Fälschungen sind keine echt gestempelten Exemplare bekannt. Die Germania-Fälschungen wurden hingegen im Postverkehr verwendet, aber auch dies wohl vergleichsweise selten, wie am Wert der gestempelten Marken abzulesen ist, der um ein Vielfaches höher liegt als der von ungebrauchten Exemplaren.

Bekannt sind ferner Fälschungen von fünf Deutsch-Ostafrika-Marken, die jedoch aufgrund der fast doppelten Größe leicht erkennbar waren. Zweck war offensichtlich, den massiven deutschen Widerstand gegen die britische Offensive in der Kolonie Deutsch-Ostafrika zu vertuschen. Fälschungen dieser Art sind in der Regel nur in Spezialkatalogen erfasst. Das gleiche gilt für deutsche Fälschungen russischer 10- und 20-Kopeken-Marken, die auf der Rückseite mit Propagandatexten bedruckt waren.

In der Zeit des Zweiten Weltkriegs sind wesentlich häufiger Briefmarkenfälschungen eingesetzt worden. Generalkataloge weisen deutsche Fälschungen für England sowie amerikanische, sowjetrussische und britische Fälschungen für Deutschland aus.

Erst relativ spät, nämlich ab Sommer 1944, ließ auch das Deutsche Reich Briefmarkenfälschungen herstellen. Die ersten beiden deutschen Fälschungen basierten auf englischen Marken von 1935 und 1937, in die das Bild Stalins und kriegsbezogene Inschriften und Symbole eingearbeitet waren. Hier ging es offensichtlich um propagandistische Botschaften, und die Auflage der ersten Fälschungsmarke soll immerhin eine Million Stück betragen haben. Anders stellte sich die folgende Serie von sechs Werten mit dem Kopf von König George VI dar, die dem englischen Original von 1937 glich und nur kleine Symboländerungen aufwies. Sie sollte offenbar in erster Linie für wirtschaftlichen Schaden sorgen. Ob dieser Zweck erreicht wurde, kann kaum beurteilt werden, aber die Wertnotierung der gestempelten Marken ist etwas höher als die der ungebrauchten, was für eine relativ häufige Verwendung der Fälschungen im englischen Postverkehr spricht.

Schließlich gab es noch sog. Aufdruckserien als Fälschung, bei der die Serie der Fälschungen von 1937 mit Propagandatexten oder -symbolen versehen wurden. Besonders diese Serien, bei denen 32 verschiedene Propaganda-Aufdrucke bekannt sind, erwiesen sich als gesuchte Sammelobjekte, so dass sie preislich im vier- und sogar fünfstelligen Euro-Bereich notiert werden.

Zusätzlich zu den Marken-Fälschungen sind ferner auch dazugehörige Sonderstempel und Gedenkblätter auf Englisch und Russisch hergestellt worden sowie als Propagandamaterial innerhalb Deutschlands auch einige Postkarten mit bereits aufgedruckten Propagandamarken. Von diesen existieren einige Exemplare, manche sogar mit Zusatzfrankatur, die tatsächlich abgestempelt und befördert worden sind.

Bei den Fälschungen der Kriegsgegner für Deutschland sind 4 Ausgaben der Amerikaner, 3 Ausgaben der Sowjets und 14 der Briten in den Generalkatalogen erfasst. Bei den amerikanischen Fälschungen findet sich unter anderem die Nachbildung des Gedenkblocks des Deutschen Reiches von April 1937 mit Markenbildern Hitlers als Totenkopf und einer veränderten Inschrift. Dieser Block wird inzwischen als Rarität gehandelt. Die sowjetischen Fälschungen waren Propagandakarten mit einem gefälschten Wertzeichen- oder Stempeleindruck. Es gibt vielfältige, propagandistische Stempeltexte. Alle Kartenausgaben sind gesuchte Sammelobjekte.

Die britischen Fälschungen bestanden sowohl aus der Kopie einiger Wertstufen der Ausgabe Hindenburg-Medaillon als auch aus der Fälschung von Sondermarkenausgaben des Deutschen Reiches mit propagandistischen Texten. Zwei dieser Ausgaben betrafen Gebiete außerhalb Deutschlands, nämlich Fälschungen einmal für die polnische Untergrundbewegung und einmal für die Region Marokko. Einige dieser Ausgaben werden im vierstelligen Euro-Wertbereich notiert. Ferner sind britische Fälschungen für Norwegen, die Niederlande, Jersey, Böhmen und Mähren, Italien und das besetzte Frankreich bekannt, jedoch in Generalkatalogen nicht aufgeführt.

Zuschläge: Kriegs- und Propagandafälschungen

BRITISCHE FÄLSCHUNGEN FÜR DAS VON DEUTSCHLAND BESETZTE FRANKREICH: "Deutsche Reichspost in Marokko" auf 50 C. schwärzlichgrünblau, Aufdrucktype I, Randstück, sauber ungebraucht, tadellos, selten (Mi. 2.200,-)
373. Heinrich Köhler- Auktion (2020)

Zuschlag: EUR 9.000,-


Frank 20 Gr. im 4er-Block aus der linken oberen Bogenecke, postfrisch, äußerst selten in hervorragender Erhaltung, R! (Mi. 10.800,-+)
341. Heinrich Köhler- Auktion (2010)

Zuschlag: EUR 5.200,-


BRITISCHE FÄLSCHUNGEN FÜR DAS VON DEUTSCHLAND BESETZTE FRANKREICH: "Deutsche Reichspost in Marokko" auf 50 C. schwärzlichgrünblau und 1 Fr. rötlichbraun, je im senkrechten Typenpaar "fette" bzw. "halbfette Antiqua-Schrift", sauber ungebraucht, tadellos, bei einer Auflage von lediglich 11 bzw. 7 Stück eine der ganz großen Seltenheiten und nach unserem Wissen Unikate, sign. ELudin sowie Fotoattest Krischke (2009) Die Marken wurden in Frankreich vom britischen Intelligence Service als deutsches Erzeugnis ausgegeben, um auf eine angeblich geplante deutsche Besetzung von Marokko hinzuweisen.
367. Heinrich Köhler- Auktion (2018)

Zuschlag: EUR 74.000,-